Donnerstag, 9. Dezember 2010

Der Fuchs hat kein(e) Fell(e) mehr

Ich sitze in der Straßenbahn und verfolge den Verlauf der gegenüberliegenden Gleise. Ich stelle mir vor, dass diese mittels eines unendlichen Bandes über die ganze Welt verbunden sind. Das dem nicht so ist, bewahrt mich davor in eine Traumwelt zu versinken. Eben wie beim endlichen Schienennetz ist auch der Kosmos des Schachspiels umrandet. Die dreisprachige Tonbandansage erinnert mich daran, dass ich mich am Bahnhof – dem Ziel meiner Fahrt – befinde … Raucher stehen eng gedrängt am Eingang und schweigen sich paffend an. Kein Ansatz einer hitzigen Diskussion, wie bei den letzten Wahlen des Weltverbandes. Unbeirrbar wie das festgefahrene Schienennetz nähere ich mich dem Laden des gedruckten Papiers und schweife mit meinem Blick sowohl suchend wie auch kritisch durch die aktuellen Veröffentlichungen meines Interesses.
Es ist schon faszinierend wie viel Papier der deutschsprachige Schachzirkus fabriziert und wie zersplittert die Leser-‚Gemeinde‘ wirkt. Ein, zwei Magazine halte ich in meinen Händen fest und visiere die Kasse an. Gedanklich frage ich mich, in wie viel Jahren es keine Zeitungsläden mehr geben wird und ob ich dies vermissen werde?! Wahrscheinlich … „Aber nicht schummeln!“, mahnt und grinst mich die Kassiererin mit Blick auf meine Zeitschriften an. Etwas irritiert überreiche ich ihr diese und traue mich aufgrund der wartenden Meute hinter mir nicht zu fragen, wie sie darauf komme, dass die Inhalte eines SchachMagazins dazu dienen zu schummeln oder ob das ihr Bild von diesem Sport ist … Ich zahle, versenke die Zeitschriften in meinen Rucksack und verlasse den Laden … Draußen wartet eine junge Frau auf mich, die mir mit einem Fünf-Euro-Schein entgegenwinkt. Neugierig bleibe ich stehen und erwarte ihr Anliegen. Sie benötigt Kleingeld für den Ticketautomaten, was ich ihr tröpfchenweise in ihre Handfläche übergebe und während ich den Schein in die Jackentasche schiebe, streift mein Blick die Bahnhofsuhr … Ich bin fünf Minuten zu spät dran und Gefühle der ungeliebten Zeitnot machen sich breit, bevor ich mich eiligen Schrittes meinem nächsten Ziel zuwende. Aber nicht ohne die Gedanken dahingehend schweifen zu lassen, dass diese wenige Minuten der Inhalt der soeben gelesen Plaudereien sein werden … ;)

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